Umdenken, bitte!
18. August 2017 – Immer wieder erlebe ich, dass Eltern wegen der Ausbildung ihrer Kinder unter Druck geraten; dies insbesondere in Akademikerkreisen. Kürzlich erklärte eine Mutter – sie und ihr Mann beide Juristen – dass ihr Sohn eine Metzgerlehre absolviere. «Wie könnt ihr das zulassen?», sei sie von Freunden entgeistert gefragt worden.
Im ersten Moment zwar verdutzt über deren Reaktion, erwiderte sie voller Stolz, dass ihr Sohn die Ausbildung zu seinem Wunschberuf angepackt habe. Was kann Eltern überhaupt Besseres passieren, als dass ihre Kinder wissen, was sie gerne lernen möchten und sie in dem Bereich auch eine Lehrstelle finden? Unabhängig von den Neigungen und Talenten der Kinder scheint aber das Gymnasium in erster Linie für Eltern oft die einzige mögliche Ausbildung zu sein – der Königsweg. Das ist falsch.
Den Königsweg beschreitet jeder junge Mensch nur dann, wenn er den gewählten Weg mit Leidenschaft und Enthusiasmus geht und ihn seine Tätigkeit erfüllt. Aufgabe der Eltern ist es, den Sohn, die Tochter zu unterstützen, ihnen nicht permanent Steine aus dem Weg zu räumen, sondern dabei zu helfen, diese zu überwinden, damit sie nicht beim ersten Gegenwind den Bettel hinwerfen, sondern die Ausbildung auch abschliessen. So erreichen sie ihre Unabhängigkeit und fast alle Türen dieser Welt stehen ihnen offen.
Lassen Sie sich als Eltern nicht beirren, unterstützen Sie Ihren Sohn, Ihre Tochter in ihrer Ausbildung, unabhängig von der eingeschlagenen Richtung. Es gibt bei uns nämlich nur gute, um nicht zu sagen beste Ausbildungen. Zudem führen dank unserem dualen Bildungssystem alle Wege nach Rom, wenn dies denn überhaupt das Ziel sein soll. Die eingangs erwähnte Bekannte macht das perfekt. Metzger ist ein ehrenwerter Beruf, der breites Wissen über Tiere, Hygiene, Unternehmertum, Kundenorientierung, Verkauf, etc. erfordert. Wenn Sie auch solche Rückmeldungen zur Ausbildung Ihres Sohnes, Ihrer Tochter erhalten, so sollten sie Ihnen – im Sinne des Metzgers – einfach nur Wurst sein.
Der Beitrag ist in Die Politik, August 2017 (Ausgabe 12) erschienen.