So nicht, Herr Nationalrat Franz Grüter!
23. Dezember 2025 – Man kann selbstverständlich bei jedem politischen Geschäft geteilter Meinung sein; es gibt immer und überall Pro und Contra. In der heutigen Zeit machen aber Fake News immer häufiger die Runde. Falsche Behauptungen werden unentwegt wiederholt, bis sich diese falschen und irreführenden Narrative in die Köpfe brennen. Das dürfen wir nicht (länger) zulassen. Deshalb ist es mir ein Anliegen, wenigstens ein paar Behauptungen von Nationalrat Franz Grüter in seinem Brief aus Bern vom 16. Dezember zu berichtigen.
Seine Frage «Wer soll in der Schweiz entscheiden? Wir oder die EU?» beantwortet er damit, dass der geplante EU-Vertrag «unsere direkte Demokratie und die Mitbestimmung der Kantone» ausheble. Das ist falsch. Die direkte Demokratie bleibt unangetastet. Rechtsübernahme erfolgt nur nach Abschluss der geltenden innerstaatlichen Genehmigungsprozesse. Die Kantone unterstützen die Bilateralen III klar. Würden ihre Rechte ausgehebelt, wäre das wohl kaum der Fall.
NR Grüter behauptet in fetten Lettern: «Sogar Luzerner Ständeräte sind gegen das Ständemehr». Auch das ist schlicht und wissentlich falsch. In der Luzerner Zeitung vom 21. August 2025 wurde ich folgendermassen zitiert: «Es soll auch das Ständemehr gelten, weil es sich um einen Staatsvertrag von ausserordentlicher Wichtigkeit handelt». Der Bundesrat hat das Abkommen dem fakultativen Staatsvertragsreferendum unterstellt. Die Luzerner Regierung unterstützt dieses Vorgehen, weil gemäss Bundesverfassung die Voraussetzungen für ein obligatorisches Staatsvertragsreferendum nicht gegeben ist. Ich selber habe mich jedoch für das Ständemehr ausgesprochen. Angst vor einer Volksabstimmung ist immer ein schlechter Berater. Ich bin überzeugt, dass schlussendlich die besseren Argumente obsiegen; selbst wenn beim Ständemehr die Abstimmungshürde höher liegt.
NR Grüter behauptet, dass nach der Unterschrift unter den neuen EU-Vertrag der Konfitüren-Produzent EU-Recht anwenden müsse. Im Bereich der Lebensmittelsicherheit ist die CH-Gesetzgebung bereits heute – aufgrund des Landwirtschaftsabkommens sowie von autonomem Nachvollzug – zu über 90% kompatibel mit der entsprechenden EU-Gesetzgebung. Der Konfitüren-Produzent wendet schon heute EU-Recht an!
NR Grüter suggeriert, dass mit dem neuen EU-Vertrag künftig die EU über unsere Steuern oder Tempo-30-Zonen bestimmt. Das ist schlichtweg falsch! Steuerfragen sind ebenso wenig Teil des Pakets Schweiz-EU wie Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Schweizer Strassen. Oder bezahlt man etwa in Italien gleichviel Steuern wie in Schweden? Setzt etwa die EU Tempolimiten fest in deutschen Wohnquartieren? Der Föderalismus wird nicht in Frage gestellt. Die Kantone wurden eng in die Verhandlungen eingebunden, resp. waren in der Mehrheit der Verhandlungsteams vertreten. Das Verhandlungsmandat wurde mit den Kantonen konsultiert. Die EU entscheidet nichts, die Schweiz entscheidet in jedem Fall eigenständig gemäss den dafür vorgesehenen Genehmigungsprozessen.
NR Grüter behauptet, dass der Titel «Bilaterale III» ein «Tabubruch» sei, bei dem der Bundesrat «den Propaganda-Namen der EU-Turbos» übernehme. Das ist pure Polemik. Aufgrund der eingegangenen Stellungnahmen im Rahmen der Vernehmlassung hat der Bundesrat entschieden, die Bezeichnung der Vorlage um die Klammer (Bilaterale III) zu ergänzen. Zahlreiche Teilnehmer der Vernehmlassung verwendeten in ihren Stellungnahmen den Begriff «Bilaterale III» von sich aus als Bezeichnung für das Paket; andere forderten dies explizit. Mit der Ergänzung in Klammern ist der Bundesrat diesem Anliegen entgegengekommen, ohne jedoch den bestehenden Titel zu ändern. Zudem sind die «Bilateralen III» die Folgeverträge der Bilateralen I und II, die wir in den Jahren 1999 und 2004 abgeschlossen haben. Der erfolgreiche, bilaterale Weg soll mit den Bilateralen III fortgeführt werden.
NR Franz Grüter und seine Partei sprechen immer wieder von einem «Knebelungs- und/oder Unterwerfungsvertrag». Dies nach Jahren intensivster Verhandlungen mit der EU, die wir im Mai 2021 abgebrochen und dann wieder aufgenommen hatten. Es erstaunt diesbezüglich schon, dass beim Abkommen mit den USA, das uns quasi über Nacht aufgedrängt wurde, weder von «Unterjochung» noch «Knebelung» die Rede ist. Im Gegenteil: Wir feiern, dass wir mit 15 Prozent gleich hohe Zölle zahlen wie die EU.
Weiter behauptet Franz Grüter, dass das Vertragspaket «im Eilverfahren durch das Parlament gepeitscht» werde. Davon habe ich noch nichts gemerkt. Unseren beiden Räten liegt die Botschaft zu den Bilateralen III noch nicht einmal vor! Die direktdemokratischen Prozesse werden gewahrt. Wir werden im Parlament selbst entscheiden, mit welchem Tempo wir die Vorlage behandeln wollen. Ich will mir die notwendige Zeit dafür nehmen. Die kritischen Punkte im Vertragswerk sollen geklärt werden.
Es ist das Recht von Nationalrat Grüter und seiner Partei, kein Abkommen mit der EU zu wollen, gegen die Bilateralen III anzutreten. Aber bitte ohne Verbreitung von Fake News.
Ihnen, geschätzte Leserin, geschätzter Leser, wünsche ich frohe, friedvolle Weihnachten und ein glückliches und zufriedenes 2026!
Dieser Artikel ist am 23. Dezember im Willisauer Boten erschienen.
