Ein kleines Wunder…
4. Dezember 2021 – …hat sich in dieser ersten Sessionswoche im Ständerat ereignet. Hauchdünn, mit Stichentscheid unseres Ratspräsidenten, haben wir das Gentechnik-Moratorium ein ganz klein wenig aufgeweicht.
Seit 2005 besteht in der Schweiz ein Moratorium zum Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen in der Land- und Waldwirtschaft sowie im Gartenbau. Das Moratorium, welches einem Denkverbot gleichkommt, wurde aufgrund der Volksinitiative «für Lebensmittel aus gentechnikfreier Landwirtschaft» eingeführt und bereits dreimal verlängert.
Bei der letzten Verlängerung habe ich die Debatte im Nationalrat miterlebt. Ernüchternd empfand ich, dass wir in der Politik in der ganzen Zeit kaum einen Schritt vorwärtsgekommen, dass die Argumente damals wie heute die gleichen sind: Die Gentechnologie sei unsicher, Abklärungen müssten getroffen und Fragen geklärt werden. Die Forschung indessen hat in den letzten vier Jahren praktisch täglich neue Erkenntnisse gewonnen und immense Fortschritte gemacht. Ansonsten wäre kaum innert weniger Wochen ein Impfstoff gegen das Corona-Virus entwickelt worden – basierend auf Gentechnologie notabene!
So haben wir jetzt entschieden, dass es künftig eine Ausnahme vom Moratorium geben soll. Neue Züchtungsverfahren, bei denen kein artfremdes Erbgut in die Pflanzen eingebracht wird, sollen unter strengen Auflagen zugelassen werden. Die Bewilligung erhält dennoch nur, wer sämtliche Kriterien eines aufwändigen Gesuches erfüllt. Das braucht Zeit. Solche Züchtungen werden also nicht morgen erfolgen. Es ist aber ein enorm wichtiges Zeichen an unsere Forschenden, dass wir das Augenmerk jetzt endlich auf die Chancen der Gentechnik legen.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass in diesen neuen Züchtungsmethoden ein ungeheures Potenzial brach liegt, z. B. resistentere Pflanzen zu züchten. Sie werden es künftig erlauben, auf den Einsatz von Pestiziden zu verzichten. Die Gentechnik bietet neue Perspektiven für den Klimaschutz und die Ernährungssicherheit. Lassen wir sie schrittweise zu. So, wie wir das im Ständerat getan haben. Ich hoffe, der Nationalrat wird unserem Kompromissvorschlag zustimmen. Zur Stärkung des Forschungs- und Innovationsstandortes Schweiz, vor allem aber zum Wohl der Menschen in unserem Land!
Dieser Artikel ist am 4. Dezember als Meinungsbeitrag in der Luzerner Zeitung erschienen