Schule befreien, Eltern verpflichten, Kinder fördern
6. Februar 2018 – Lehrerinnen und Lehrer sollen sich auf ihre Kernaufgabe, das Unterrichten, konzentrieren können. Im überarbeiteten Positionspapier Bildung verlangt die CVP zudem, die integrative Förderung zu hinterfragen, die Berufsbilder zu reduzieren oder die Qualität an den Gymnasien transparent zu machen.
Die CVP ist stolz auf das Bildungssystem und die Bildungsqualität in der Schweiz. Sich bequem auf dem Erreichten auszuruhen, ist für uns aber keine Option. Wir müssen immer wieder kritisch fragen, was gut läuft und wo es Handlungsbedarf gibt. In den vergangenen Monaten hat die zuständige Arbeitsgruppe der CVP Schweiz das Positionspapier Bildung aus dem Jahr 2010 überarbeitet. Wir haben das Papier nicht neu geschrieben, vielmehr haben wir es überarbeitet und weiterentwickelt.
Nachfolgend habe ich sechs Positionen und Forderungen aus dem Papier zusammengestellt, ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder Repräsentativität.
Leerläufe abbauen, Kerngeschäft stärken
Schulen brauchen Autonomie, Lehrerinnen und Lehrer Methoden-Freiheit. Dass Schulen und Lehrpersonen im Gegenzug Rechenschaft ablegen müssen, wie sie die öffentlichen Steuermittel einsetzen, ist richtig. Wir wollen aber bewusst Grenzen setzen: Nicht alle Daten, die erhoben werden können, müssen erhoben werden. Das Evaluieren, Akkreditieren und Feedbackeinholen ist ein Perpetuum mobile. Es führt zu einer immer höheren zeitlichen Belastung der Lehrerinnen und Lehrer. Die CVP will hier Leerläufe verhindern, Kosten senken und Lehrpersonen entlasten.
Fremdsprachige fordern und fördern
Die ersten Lebensjahre sind für die Entwicklung jedes Menschen von überragender Bedeutung. Indem die Eltern ab Geburt viel mit ihren Kindern in ihrer Muttersprache kommunizieren, erhöhen sie deren Sprachkompetenz. Fremdsprachige Kinder müssen möglichst früh in Kontakt mit der gesprochenen Landessprache kommen. Die Gemeinden sollen künftig Kinder mit unzureichenden Deutschkenntnissen verpflichten können, vor dem obligatorischen Schuleintrittsalter ein Angebot der frühen Sprachförderung zu besuchen. Die Eltern haben sich finanziell angemessen daran zu beteiligen.
Integrative Förderung kritisch hinterfragen
Das Behindertengleichstellungsgesetz verlangt, dass die Integration von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen in der Regelschule zu fördern ist. Das von vielen Kantonen eingeführte integrative Modell ist anspruchsvoll – für alle Beteiligten im Schulbetrieb. Erfahrungen zeigen, dass Überforderungen und Qualitätseinbussen häufig die die Folge sind. Verhaltensauffällige bzw. verhaltensbehinderte Schüler können das Modell an seine Grenzen bringen und das Funktionieren einer Klasse beeinträchtigen. Zudem besteht die Gefahr, dass sich die integrative Schule in ihr Gegenteil verkehrt, wenn Schüler innerhalb der Klasse als Sonderfall stigmatisiert werden. Aus diesem Grund fordert die CVP, dass das Modell der integrativen Förderung und Sonderschulung kritisch analysiert wird.
Berufsbilder anpassen und reduzieren
Digitalisierung und technologische Entwicklungen verändern den Arbeitsmarkt. Die Berufsbildung muss rasch auf den Wandel reagieren und laufend Inhalte und Lehrmethoden anpassen. Heute existieren über 230 anerkannte Berufsbilder. Die grosse Auswahl und die teilweise geringe Nachfrage verteuern das Angebot an den Berufsfachschulen. Die CVP verlangt, dass Synergien in den Ausbildungen künftig viel stärker genutzt werden. Nur so kann das Angebot an den Berufsfachschulen effizient ausgestaltet werden.
Qualität an Gymnasium verbessern
Auch auf gymnasialer Stufe muss es ein vorrangiges Ziel sein, ein hohes, vergleichbares Bildungsniveau in allen Landesregionen zu erreichen. Die bestehenden kantonalen oder regionalen Qualitätsunterschiede sind erheblich. Obwohl das Bundesamt für Statistik Daten zum späteren Studienerfolg der Absolventinnen und Absolventen der einzelnen Gymnasien erhebt, werden diese nicht publiziert. Um die Qualität an Gymnasien vergleichbar zu machen und zu verbessern, fordert die CVP, diese Daten zu veröffentlichen.
Profile der drei Hochschultypen schärfen
Die universitären Hochschulen (Universitäten, ETH, EPFL), die pädagogischen Hochschulen und die Fachhochschulen sind gleichwertig aber andersartige Sie ergänzen sich in einem sinnvollen Miteinander. Diese drei Hochschultypen müssen ihr je eigenständiges Profil schärfen. Eine Angleichung oder Vermischung ist nicht erwünscht. Die Promotion soll auch künftig nur an den Universitären Hochschulen möglich sein. Herausragende FH-Absolventinnen und -Absolventen sollen ein Doktorat an einer universitären Hochschule erwerben können.
Der Beitrag ist in Die Politik, Februar 2018 (Ausgabe 14) erschienen.