Fanpost
16. Januar 2019 – Fanpost erhält man in der Politik eher selten – ich zumindest. Fanpost der anderen Art bekam ich kürzlich, gleich in doppelter Ausführung. Anlässlich der letzten Session habe ich eine Motion eingereicht unter dem Titel „Vielsprachigkeit der Schweiz und die Weltsprache Englisch optimal nutzen“.
Meine Forderung: Die SRG soll künftig Eigenproduktionen in den vier Landessprachen sowie eingekaufte englischsprachige Fernsehfilme und -serien in der Regel in Originalsprache mit Untertiteln (anstatt synchronisiert) ausstrahlen. Ich bitte den Bundesrat, dafür die Rechtsgrundlagen oder allenfalls die Konzession anzupassen. Innert kürzester Zeit habe ich aus sämtlichen politischen Parteien Nationalrätinnen und –räte gefunden, die mein Anliegen mitunterzeichnet haben.
Mit meiner Motion möchte ich, dass wir eben viel mehr noch vom Englischen und unseren Landessprachen profitieren. Sprachen werden vor allem in der Schule, durch längere Sprachaufenthalte – und durch den Konsum fremdsprachiger Medienprodukte gelernt. Im Gegensatz zu den skandinavischen Ländern werden in der Schweiz fast alle Produktionen synchronisiert. Der Anteil der fremdsprachigen Angebote im Fernsehen ist gering. Unser Land gehört wie Deutschland, Frankreich, Italien oder Österreich zu den «Synchronisationsländern», in denen die meisten Sendungen synchronisiert werden. In Ländern, in denen besonders gut Englisch gesprochen wird wie den Niederlanden, in Dänemark, Finnland, Norwegen, Schweden und Estland wird der Untertitelung der Vorzug gegeben. In diesen Ländern werden die TV-Produktionen immer in der Originalversion ausgestrahlt. Wer der Originalsprache nicht mächtig ist, liest gleichzeitig die eingeblendeten Untertitel in der jeweiligen Landessprache. Mit anderen Worten: Diese Länder nutzen die TV-Produktionen quasi als Fremdsprachenunterricht – indirekt und wirkungsvoll. Ein weiterer Vorteil: Die Ausstrahlung der Medien in der Originalsprache ist kostengünstig. Die Sendungen stehen ja schon in der Originalsprache bereit. Die Untertitelung ist deutlich preisgünstiger als eine Synchronisation. Der Verzicht darauf ist ein einfaches, effizientes und probates Mittel, die allgemeine Fremdsprachenkompetenz zu fördern und zu erhöhen.
Auf diese Motion habe ich zahlreiche Reaktionen gekriegt – sehr positive und sehr negative. Ein Regierungsrat und Bildungsdirektor aus einem nordöstlichen Kanton hat mir geschrieben, ich hätte dafür seine volle Unterstützung. Er sei oft in Dänemark und kenne das sehr gut. Schon die Kinder lernten beim Micky Mouse schauen über das Sprachbad Englisch. Auch ein Sprachforscher aus Zürich hat mich kontaktiert, der in Österreich momentan mit einer Studie zu einem ähnlichen Thema beauftragt ist. Er sei höchst interessiert an meiner Idee. Nicht gleichermassen begeistert war der Herr, der mich des „Wahnsinns“ bezeichnete oder die Dame, die verlauten liess: „Also Frau irgendwie… zuerst überlegen und dann schwafeln. Aber das scheint nicht ihre Stärke zu sein“. Den Vogel abgeschossen hat aber jener Postkartenschreiber, dem ich folgende Worte verdanke: „Wenn eine Nationalrätin sich dafür einsetzt, englischsprachige Filme nur noch mit Untertiteln zu bringen, dann ist sie erstens eine hochnäsige alte Schachtel, die auf jung macht; zweitens eine NR, die wirkliche Probleme im Land nicht sieht und drittens diskriminiert sie alle nicht Englisch sprechenden Menschen, alt wie jung. Kurz: Sie sind zum Kotzen.“
Grundsätzlich schätze ich es, wenn Menschen, die mit meiner Politik nicht einverstanden sind, sich bei mir melden. Ich versuche auch, sämtliche Zuschriften zu beantworten. Da der Postkartenschreiber seinen Text aber nicht unterzeichnet hatte, konnte ich nicht darauf reagieren. Vielmehr erhielt ich ein paar Tage später eine zweite anonyme Postkarte mit ähnlichem Inhalt, den ich Ihnen hier nicht auch noch zumuten möchte. Der Poststempel zeigte in beiden Fällen Kriens. Wer weiss, der Willisauer Bote wird ja im ganzen Kanton gelesen. Vielleicht erreicht ihn (das nehme ich nun einfach einmal an) meine Antwort nun doch.
Auf den ersten Punkt mag ich nicht eingehen. Was den zweiten Punkt betrifft, da hat der Schreiberling nicht ganz unrecht. Ein wirkliches Problem ist mein Anliegen nicht. Absolut dringend ist aber z. B. die Sanierung unserer AHV, damit auch künftig die Renten gesichert sind. Ebenso essentiell ist es, dass nach dem Scheitern der Unternehmenssteuerreform III nun die Steuervorlage 17 erfolgreich über die Bühne geht. Unsere Unternehmen brauchen Rechtssicherheit und gute Rahmenbedingungen. Sollte es zur Abstimmung kommen, werde ich mich mit Leib und Seele für die STAF, die Steuerreform und die AHV-Finanzierung, einsetzen. Zurück zu meinem Vorstoss zur Vielsprachigkeit: Für mich wäre der Verzicht auf die Synchronisation – und damit komme ich zu drittens – eine Investition in die Zukunft unserer Kinder, die ganz natürlich an die Fremdsprachen herangeführt würden. Selbst wenn sie noch keine Fremdsprachen verstehen, haben kleine Kinder ein enormes Sprachverständnis und lernen viel schneller, je jünger sie sind. Dass aber gerade ältere Menschen, die eben nie Gelegenheit hatten, Fremdsprachen zu lernen, mit meiner Idee nichts anfangen können, kann ich nachvollziehen. Auch mein Jüngster, der mit der französischen Sprache eher auf Kriegsfuss steht, meinte nur trocken: „Also mich holst du damit nicht ab. Ich wär‘ dagegen…“
In sehr vielen Fragen kann man getrost geteilter Meinung sein. Wichtig dabei scheint mir, dass der Ton adäquat bleibt. Ich bemühe mich darum und beantworte gerne konstruktiv-kritische Rückmeldungen. Ich freue mich, von Ihnen zu hören.
Dieser Artikel ist am 15. Januar 2019 als «Brief aus dem Nationalrat» im Willisauer Boten erschienen.